AWMF-Leitlinie zur Händehygiene
Forschung und Wissenschaft

AWMF-Leitlinie zur Händehygiene aktualisiert

Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften – kurz AWMF – hat ihre Leitlinien zur Händehygiene und Händedesinfektion auf den neuesten Stand gebracht. Dr. Andreas Glöckner, Medical Director bei OPHARDT, gibt in einem kurzen Interview seine Einschätzung zu der aktualisierten Leitlinie ab.

Markus Theißen: Herr Dr. Glöckner, erklären Sie uns doch zunächst einmal ganz allgemein, wer die AWMF ist und welchen Stellenwert sie für die Kliniken und Krankenhäuser in Deutschland einnimmt?

Dr. Andreas Glöckner: In der 1962 gegründeten AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.) sind derzeit 182 wissenschaftlich arbeitende medizinische Fachgesellschaften als Mitglieder und drei assoziierte Gesellschaften organisiert.

Dr. Andreas Glöckner

Die AWMF beschäftigt sich mit grundsätzlichen und fachübergreifenden Fragestellungen in der wissenschaftlichen Medizin, sie fördert die Zusammenarbeit ihrer Mitgliedsgesellschaften bei der Wahrnehmung ihrer wissenschaftlich-medizinischen Aufgaben und Ziele sowie den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die ärztliche Praxis.

Insofern fließt bei den Leitlinien der AWMF die Expertise aller beteiligen Fachgesellschaften ein und es wird ein breiter Konsens gebildet. Diese Leitlinien sind für nahezu alle Fachrichtungen in der Medizin eine wissenschaftlich begründete Handlungsgrundlage.

Neue Inhalte in der AWMF-Leitlinie zur Händehygiene und Händedesinfektion

Markus Theißen: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Neuigkeiten im Vergleich zu der bisherigen Händehygiene-Leitlinie aus dem Jahr 2016?

Dr. Andreas Glöckner: Erstmalig wird auf den möglichen Nutzen des Einsatzes von elektronischen Systemen zur Verbesserung der Händehygiene-Compliance eingegangen. Basierend auf entsprechenden Untersuchungen führen die Autoren aus, dass durch eine Kombination von offenen und verdeckten Beobachtungsmethoden mit regelmäßigem Feedback auf einer elektronischen Anzeigetafel die Händehygiene signifikant verbessert werden kann.

Es wird noch eine andere Studie zitiert, bei der der Einsatz eines elektronischen Monitoring-Systems die Compliance im Vergleich zum Ausgangswert von 15% um 105% signifikant gesteigert werden konnte. Nach dem das System für 3 Monate abgeschaltet wurde, reduzierte sich die Compliance um 64%, blieb jedoch über dem Ausgangswert vor der Einführung.

Es wird deutlich, dass nur ein permanenter Einsatz des Signalsystems die Verbesserung der Händehygiene-Compliance bewirkt. Trotz der noch überschaubaren Datenmenge kommt das Gremium zur Empfehlung, dass der Einsatz elektronischer System zur Steigerung der Compliance erwogen werden kann.

Markus Theißen: Welche Veränderungen in der AWMF-Leitlinie zur Händehygiene gibt es in Bezug auf Händedesinfektionsmittelspender?

Dr. Andreas Glöckner: Substantielle Änderungen in Bezug auf Händedesinfektionsspender hat es im Vergleich zur Leitlinie von 2016 nicht gegeben. Jedoch möchte ich aufgrund der Wichtigkeit drei Kernaussagen aufgreifen.

  1. Eine hohe Compliance der Händedesinfektion ist nur mit optimaler Ausstattung mit Händedesinfektionsmittelspendern erreichbar.
  2. Eine ungenügende Ausstattung mit Desinfektionsmittelspendern führt zwangsläufig zur Vernachlässigung der Händehygiene. Daher müssen überall dort, wo regelmäßig Händedesinfektionen durchgeführt werden müssen, Desinfektionsmittelspender vorhanden, funktionsfähig und befüllt sein. Für die Mitarbeiter sollen keine zusätzlichen Wege entstehen, um bei der Patientenversorgung Zugang zum Händedesinfektionsmittel zu erhalten.
  3. Als Mindestausstattung gilt ein Spender pro Patientenbett auf Intensiv- und Dialysestationen, auf Nicht-Intensivstationen ein Spender pro zwei Patientenbetten sowie in der Sanitärzelle. Wobei hierbei die Betonung auf „Mindestausstattung“ liegt, auf Intensiv- bzw. Intermediate Care Stationen sind meines Erachtens 2-3 Spender pro Bett als adäquat anzusehen. Ist eine ausreichende Spenderausstattung mit wandmontierten Spendern nicht erreichbar, sind mobile Spendersysteme einschließlich Kittelflaschen zur Verfügung zu stellen.

Markus Theißen: Vielen Dank für Ihre Einschätzung und das Gespräch!


Mehr über die AWMF-Leitlinie zur Händehygiene und Händedesinfektion.

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