Hygiene in Pflegeeinrichtungen
Die Händehygiene nimmt eine Schlüsselrolle bei der Vermeidung von Infektionen ein.
Forschung und Wissenschaft

Handhygiene in Pflegeeinrichtungen mit deutlichen Defiziten

Eine groß angelegte Studie zeigt, dass gerade einmal jede sechste notwendige Händedesinfektion in Einrichtungen der Langzeitpflege und Altenheimen durchgeführt werden.

Alleine in Deutschland gelten über vier Millionen Menschen als pflegebedürftig, von denen etwa 25 Prozent vollstationär versorgt werden. [1] Die häufig immungeschwächten Patienten werden durch den engen Kontakt mit dem Pflegepersonal und den Bewohnern mit einer Vielzahl von potentiellen Krankheitskeimen konfrontiert. Insofern nimmt die hygienische Händedesinfektion in Pflegeeinrichtungen und Altenheimen eine besondere Rolle ein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft die Händedesinfektion sogar als wichtigste Einzelmaßnahme zur Vermeidung von Infektionen ein. [2]

Doch wie steht es eigentlich um die Händehygiene in Pflegeeinrichtungen? Mit dieser Frage hat sich ein niederländisches Forscherteam um Anja Haenen und Prof. Andreas Voss von der Radbound Universität in Nimwegen beschäftigt und seine Ergebnisse in dem renommierten Fachjournal Antimicrobial Resistance & Infection Control publiziert.

Hygiene in Pflegeeinrichtungen: Händedesinfektionsmittelspender werden viel zu selten genutzt

Die Experten aus der Hygiene und Infektionsprävention untersuchten dabei die Händehygiene-Compliance auf 23 Stationen in 14 Pflegeeinrichtungen über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Von den insgesamt 1691 beobachteten Indikationen für eine hygienische Händedesinfektion wurden von dem Personal der Einrichtungen durchschnittlich nur 17 Prozent tatsächlich durchgeführt. Ein erschreckend niedriger Wert, der sogar noch unter dem von Krankenhäusern liegt. Hier bewegt sich die Händehygiene-Compliance zwischen 30-40 Prozent – abhängig von der Berufsgruppe und der Krankenhausstation. [3]

Handhygiene in Pflegeheimen

Auch in der niederländischen Studie zu den Pflegeeinrichtungen zeigen sich situationsbedingte Unterschiede in dem Händehygieneverhalten. So desinfiziert sich das Personal prozentual gesehen häufiger nach dem direkten Kontakt mit einem Altenheimbewohner die Hände (25%) als beispielsweise vor einer aseptischen Tätigkeit (9%).

Vielfältige Gründe für niedrige Händehygiene-Compliance

Handhygiene in Pflegeeinrichtungen mit OPHARDT
Die ingo-man SmartNose ermöglicht ein Hygiene-Feedback.

Im Rahmen der niederländischen Studie wurden neben der Erfassung der Händehygiene-Compliance auch die Gründe für das Händehygieneverhalten erhoben. Dazu verteilten die Forscher Fragebögen an das Personal der Alten- und Pflegeheime. Der mit 37 Prozent am häufigsten genannte Grund für das Nicht-Einhalten der Händehygiene-Regeln sind Hautirritationen, die das Personal durch das häufige Desinfizieren entwickeln. Mehr als ein Drittel der Befragten gibt zu, dass es manchmal schlichtweg vergessen, eine erforderliche Händedesinfektion durchzuführen. In diesem Zusammenhang können Erinnerungshilfen oder gut sichtbare Händedesinfektionsmittelspender – beispielsweise in einer auffälligen Farbe – unterstützen, um das Thema Hygiene noch stärker in den Pflegealltag zu integrieren.

Die Autoren um Professor Andreas Voss empfehlen in ihrem Fazit, dass „Aktivitäten zur Verbesserung der Händehygiene in die tägliche Praxis und Dienstbesprechungen einzubeziehen“, um den Infektionsschutz in Pflegeeinrichtungen zu optimieren. An diesem Punkt können beispielsweise automatisierte Feedback-Systeme zur Händehygiene einen wertvollen Beitrag leisten.


Studie: Haenen, Anja, et al. “Hand hygiene compliance and its drivers in long-term care facilities; observations and a survey.” Antimicrobial Resistance & Infection Control 11.1 (2022): 1-10.

Weitere Quellen:

[1] Statistisches Bundesamt (Destatis), 2022

[2] World Health Organization. “WHO guidelines on hand hygiene in health care.” WHO guidelines on hand hygiene in health care. 2009. 270-270.

[3] Erasmus, Vicki, et al. “Systematic review of studies on compliance with hand hygiene guidelines in hospital care.” Infection Control & Hospital Epidemiology 31.3 (2010): 283-294.

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