Schweizer Spitäler mit Spendersystemen
Durch eine sorgfältige Händehygiene werden Krankenhausinfektionen effektiv vermieden.
Forschung und Wissenschaft

Schweizer Spitäler mit 2,4 Desinfektionsmittelspendern pro Bett

Die Verfügbarkeit von Händedesinfektionsmittelspendern ist ein zentraler Faktor, um die Händehygiene-Compliance nachhaltig zu steigern. Forscher haben nun untersucht, wie es um die Spenderausstattung in Schweizer Spitälern bestellt ist.

Eine sorgfältige Händehygiene mit einem alkoholbasierten Desinfektionsmittel gilt bekanntermaßen als wichtigste Einzelmaßnahme, um nosokomiale Infektionen effektiv zu vermeiden.

Doch oftmals werden die Indikationen für eine hygienische Händedesinfektion im hektischen Krankenhausalltag nicht adäquat befolgt. Umfassende Untersuchungen ergeben, dass noch nicht einmal jede zweite notwendige Händedesinfektion durchgeführt wird – wobei es zwischen den Berufsgruppen und auch Stationsarten Unterschiede gibt. [1]

Immerhin treten in Deutschland pro Jahr etwa 600.000 Krankenhausinfektionen auf. [2] Im Nachbarland, der Schweiz, sind es per annum 70.000 Infektionen, die im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung entstehen. [3] Mit einer verbesserten Händehygiene könnte ein erheblicher Teil dieser Infektionen vermieden werden.

Eine wesentliche Voraussetzung für eine Optimierung der Händehygiene-Situation in Krankenhäusern liegt in der Bereitstellung von Desinfektionsmittelspendern in unmittelbarer Patientennähe. Man spricht auch vom sogenannten Point-of-Care. An diesem Ort kommen quasi drei Elemente zusammen: Patient, Personal und die Behandlung. Zahlreiche Studien haben die Korrelation zwischen einer optimierten Spenderausstattung und einer verbesserten Händehygiene-Compliance eingehend untersucht. [4,5] Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt daher die Bereitstellung von Händedesinfektionsmittel am Point-of-Care. [6]

KRINKO-Mindeststandards bei Anzahl von Desinfektionsmittelspendern im Krankenhaus

Wie viele Desinfektionsmittelspender aber exakt pro Patientenzimmer oder pro Patientenbett eingeplant werden sollen, definiert die WHO nicht. Und auch in keiner anderen internationalen Richtlinie wird ein Standard festgelegt.

Die KRINKO

Lediglich die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch Institut (KRINKO) schreibt in ihrer Empfehlung zur Händehygiene im Gesundheitswesen folgendes: „Für Patientenzimmer wird in Abhängigkeit von der Anzahl der Patientenbetten bettennah als Mindestausstattung ein Spender pro Patientenbett auf Intensiv- und Dialysestationen und auf Nicht-Intensivstationen ein Spender für je zwei Patientenbetten sowie in der Sanitärzelle empfohlen.“ [7]

Belastbare Daten, wie es auf denen Krankenhausstationen in Bezug auf die Spenderausstattung tatsächlich aussieht, liegen in den meisten Fällen nicht vor. Doch Wissenschaftler von den Universitätsspitälern Basel (USB) und Zürich (USZ) bringen nun Licht ins Dunkel. Das Forscherteam um Dr. Sabine Kuster untersuchte im Rahmen einer Studie konkret, wie viele Händedesinfektionsmittelspender in den Schweizer Krankenhäusern eingesetzt werden und an welchen Orten die Spender installiert sind.

Schweizer Krankenhaus-Netzwerk an Studie beteiligt

Für die „Bestandsaufnahme“ wurden Fragebögen an 178 Spitäler in der Schweiz verteilt, die an dem Swissnoso-Programm teilnehmen. Swissnoso ist das nationale Zentrum für Infektionsprävention und widmet sich der Reduktion von Krankenhausinfektionen und multiresistenten Erregern in der Schweiz. Die teilnehmenden Spitäler können sich in dem Programm beispielsweise über ein anonymisiertes Benchmarking in Bezug auf das Händehygieneverhalten mit anderen Gesundheitseinrichtungen vergleichen.

Insgesamt füllten 110 von den 178 Kliniken (62 %) den Fragebogen aus und meldeten ihre Ergebnisse an die Wissenschaftler zurück. Zwei Drittel der Spitäler wiesen dabei mehr als 100 Patientenbetten auf.

Schweizer Spitäler Desinfektionsmittelspender

Eingang des Patientenzimmers beliebtester Spender-Standort

Die erste Frage zielte darauf ab, an welchen Orten die Händedesinfektionsmittelspender im Krankenhaus am häufigsten installiert sind. Die mit Abstand am häufigsten genannten Lokationen waren der „Patientenzimmer-Eingang“ (84 %) und „in der Nähe des Waschbeckens“ (74 %).

Die so wichtige Position am Point-of-Care – also in direkter Nähe zum Patienten schneidet weitaus schlechter ab. 28 Prozent der teilnehmenden Spitäler gaben an, dass sie einen Desinfektionsspender in einem „1 Meter-Radius vom Patientenbett“ installiert haben. Knapp ein Viertel der Gesundheitseinrichtungen setzt auf Hygienespender „direkt am Patientenbett“. Bemerkenswert ist, dass vor allem die großen Krankenhäuser mit über 500 Betten überdurchschnittlich häufig auf die Desinfektionsmittelspender am Point-of-Care setzen.

Die wenigsten Spitäler, in Summe 14, setzen Desinfektionsmittelspender darüber hinaus noch in anderen Bereichen ein, wie zum Beispiel an einem Trolley oder Pflegearbeitswagen.

Anzahl Händedesinfektionsmittelspender pro Bett

Die zweite Fragestellung, mit der sich die Forscher auseinandersetzten, beleuchtete, wie viele Desinfektionsmittelspender in den Krankenhäusern überhaupt zum Einsatz kommen. Nach Auswertung der Fragebögen aller beteiligten Gesundheitseinrichtungen zeigt sich, dass die Schweizer Spitäler durchschnittlich 2,4 wandmontierte Händedesinfektionsmittelspender pro Patientenbett einsetzen.

Schweizer Spitäler mit Händehygiene

Die Studie untersuchte außerdem, wie umfangreich Kitteltaschenflaschen für die Händedesinfektion an das Krankenhauspersonal verteilt werden. Das Ergebnis: Ein Viertel der teilnehmenden Einrichtungen setzt überwiegend auf den Desinfektionsmittelspender im „Taschenformat“. Dies ist ein Punkt, an dem Wissenschaftler ihren „Finger heben“. Denn Studien zeigen, dass der Einsatz von Kitteltaschenflaschen keinen signifikanten Einfluss auf die Händehygiene-Compliance hat – zumindest für Kliniken, die bereits eine gute Ausstattung mit wandmontierten Desinfektionsspendern aufweisen. Die in der vorliegenden Arbeit teilnehmenden Schweizer Spitäler sind mit den durchschnittlich 2,4 Spendern pro Krankenbett sicherlich ordentlich aufgestellt.  

Ein weitere interessante Erkenntnis, die aus den Daten der Schweizer Studie hervorgeht: Bei den großen Spitälern mit mehr als 500 Patientenbetten steigt der Händedesinfektionsmittelverbrauch pro Patiententag mit der durchschnittlichen Anzahl der Desinfektionsmittelspender pro Krankenbett signifikant. Bei den als klein (unter 200 Betten) und mittelgroß (200-500 Betten) klassifizierten Spitälern wurde dieser Zusammenhang allerdings statistisch nicht festgestellt.

Neuer Mindeststandard für Desinfektionsmittelspender?

In Anbetracht der Tatsache, dass die KRINKO zumindest in Deutschland eine Ausstattung pro Patientenbett von 0,5 Desinfektionsmittelspendern auf Normalstationen bzw. ein Desinfektionsmittelspender auf Intensivstationen definiert, stufen die Autoren dieser Studie die erhobenen Daten als Diskussionsgrundlage ein, um einen neuen Mindeststandard zu definieren.

Ein Augenmerk sollte dabei auch weiterhin auf die Verfügbarkeit von Händedesinfektionsmittelspendern am Point-of-Care gelegt werden, um das Desinfizieren der Hände effektiv in den Workflow des Krankenhauspersonals einzubetten.

So lässt sich festhalten, dass neben der Quantität auch die Qualität hinsichtlich der Spenderpositionierung maßgebende Faktoren für eine Verbesserung der Händehygiene-Compliance im Krankenhaus sind.


Quellen:

Kuster, Sabine, et al. “Handrub dispensers per acute care hospital bed: a study to develop a new minimum standard.” Antimicrobial Resistance & Infection Control 10.1 (2021): 1-6.

[1] Erasmus, Vicki, et al. “Systematic review of studies on compliance with hand hygiene guidelines in hospital care.” Infection control and hospital epidemiology 31.3 (2010): 283.

[2] Zacher, Benedikt, et al. “Application of a new methodology and R package reveals a high burden of healthcare-associated infections (HAI) in Germany compared to the average in the European Union/European Economic Area, 2011 to 2012.” Eurosurveillance 24.46 (2019).

[3] Bundesamt für Gesundheit (BAG). Nationale Strategie zur Überwachung, Verhütung und Bekämpfung von Spital- und Pflegeheiminfektionen (Strategie NOSO)

[4] Giannitsioti, Efthymia, et al. “Does a bed rail system of alcohol-based handrub antiseptic improve compliance of health care workers with hand hygiene? Results from a pilot study.” American journal of infection control 37.2 (2009): 160-163.

[5] Cure, Laila, and Richard Van Enk. “Effect of hand sanitizer location on hand hygiene compliance.” American journal of infection control 43.9 (2015): 917-921.

[6] Pittet, Didier, et al. “The World Health Organization guidelines on hand hygiene in health care and their consensus recommendations.” Infection Control & Hospital Epidemiology 30.7 (2009): 611-622.

[7] Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Insitut “Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens.” Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz 9 (2016): 1189.

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