Welche Art von Handdesinfektionsmitteln werden allgemein bevorzugt? Und warum? Diesen Fragen sind australische Forscher in einer Studie nachgegangen.
Wieso hält sich die Händehygiene-Compliance so hartnäckig auf einem niedrigen Niveau? Wir haben uns in anderen Artikeln bereits mit dem negativen Einfluss einer fehlenden Hygieneinfrastruktur und den Vorteilen von intelligenten Desinfektionsspendern befasst. Auch beleuchteten wir den Wunsch des Krankenhauspersonals nach mehr Feedback zur Händehygiene.
Eine neue Studie aus Australien befasst sich mit einem weiteren interessanten Puzzlestück, um das Händehygieneverhalten weiter zu verbessern. Das Forscherteam um Dr. Denis Verwilghen von der Universtität in Sydney untersuchte, ob unterschiedliche Formulierungen und Arten von alkoholbasierten Handdesinfektionsmitteln die Akzeptanz der Nutzer erhöhen können. Diese Untersuchung stützt sich auf klinische Ergebnisse, die zeigen, dass Menschen bestimmte Formulierungen ablehnen und schließlich seltener zum Handdesinfektionsmittel greifen.
Bei den untersuchten alkoholischen Desinfektionsmitteln handelte es sich um folgende Formulierungen bzw. Arten, die alle von einem deutschen Hersteller stammen:
- Gel
- Schaum
- flüssige Desinfektionsmittel
Handdesinfektionsmittel: Was ist wichtig?
Insgesamt bewerteten die Teilnehmer*innen der Studie folgende neun Eigenschaften der Handdesinfektionsmittel:
- Anwendung
- Farbe
- Trocknungseffekt
- Trocknungsgeschwindigkeit
- Anwendungsfreundlichkeit
- Reizung
- Zufriedenheit
- Geruch
- Konsistenz
Das Diagramm zeigt eindeutig, dass die größten Diskrepanzen in der Trockungswirkung, der Trockungsgeschwindigkeit und der Konsistenz liegen:
Insgesamt empfanden die Studienteilnehmer*innen die flüssigen Handdesinfektionsmittel angenehmer als das Gel. Ebenso trocknete die Flüssigkeit signifikant schneller als das Gel. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass sowohl das Gel als auch der Schaum als klebriger eingestuft wurden als die flüssigen Desinfektionsmittel.
Im Endergebnis zeigt sich, dass die Hälfte der insgesamt 54 Befragten den flüssigen Handdesinfektionsmitteln den Vorzug geben. Für 30 Prozent der Teilnehmer*innen ist der Schaum erste Wahl und 20 Prozent stimmten für das Gel.
Jeder Hygiene-Markt tickt anders
Ein weiterer interessanter Aspekt, der in der Studie beleuchtet wurde: 67 Prozent der Teilnehmer*innen gaben an, dass die Zusammensetzung der Formulierung einen Einfluss auf die Händehygiene-Compliance hat. Die Forscher merkten an, dass diese Studie besonders für die Entwicklungsabteilungen von Chemieherstellern interessant sein könnte. Vor allem in Märkten wie Nordamerika, wo Gel für die Händedesinfektion in einem großen Umfang verwendet wird und flüssige Desinfektionsmittel einen geringeren Marktanteil haben.
Weitere Forschung auf dem Gebiet der Händehygiene lohnenswert
Bei dieser Studie wurden die Teilnehmer*innen angewiesen, während der Anwendung des Desinfektionsmittels wegzuschauen oder die Augen zu schließen. Die Durchführung einer Blindstudie hat Vorteile. Sie verringert bereits vorhandene Voreingenommenheit. Es könnte sich jedoch lohnen, denselben Test mit Sichtkontakt zum Desinfektionsmittel durchzuführen, damit wir überprüft werden kann, ob die optischen Eigenschaften von Flüssigkeit, Schaum oder Gel zum Gesamterlebnis beitragen. Für viele ist die Händehygiene nicht nur ein sensorischer, sondern auch ein visueller Prozess.
Eine weitere Einschränkung der Studie ist, inwieweit die Ergebnisse verallgemeinert werden können. Wie bereits erwähnt, präferieren verschiedene Märkte Flüssigkeit, Schaum oder Gel als primäre Desinfektionsmittel. Insofern ist die Frage berechtigt, ob die die Ergebnisse der australischen Studie anders ausfallen, wenn die Teilnehmer*innen zum Beispiel aus Mitteleuropa kommen? Eine globale Studie über die Präferenzen der Formulierungen wäre sicherlich ein lohnendes Unterfangen.
Die Teilnehmer verwendeten für jeden Test 3 ml Desinfektionsmittel. Dies ist die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Menge bei einer Händedesinfektion, obwohl in der Praxis oft weniger verwendet wird. Bei einer geringeren Dosierung ist es möglich, dass das Gel auf der Hand schneller trocknet und einen angenehmeren Effekt nach sich zieht.
Handdesinfektionsmittel-Formulierung: Ein Teil des Puzzles
Die Forscher plädieren für einen multimodalen Ansatz, um die Händehygiene zu verbessern, und weisen darauf hin, dass die richtige Wahl der Formulierung kein Allheilmittel ist.
Zwar sind Schulungen, ein besserer Zugang zu Desinfektionsspendern und ein wiederholtes Händehygiene-Feedback von entscheidender Bedeutung, doch dürfen wir die Erfahrung der Anwender nicht aus den Augen verlieren. Wie beim Fußball geht es bei der Optimierung der Hygienevorschriften immer um Zentimeter. Keine einzige Maßnahme führt zu einer 100%-igen Händehygiene-Compliance, aber jede kleine Stellschraube, die zu einer Hygieneverbesserung führt, trägt zur Vermeidung von Infektionen bei.
Studie: Verwilghen, D., et al. “Identifying Drivers for User Preference and Acceptability of Different Hydro-Alcoholic Hand Rub Formulations.” Journal of Hospital Infection, vol. 117, Nov. 2021, pp. 17–22, 10.1016/j.jhin.2021.08.007.
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