OHMS
Das OHMS ermöglicht ein ressourcenschonendes Feedback dank automatisierter Datenerhebung.
Forschung und Wissenschaft

Fördert Feedback das Händehygieneverhalten?

In regelmäßigen Abständen werden neue Erkenntnisse und Studien, die sich mit der Verbesserung der Händehygiene in medizinischen Einrichtungen auseinandersetzen, publiziert und heiß diskutiert. Dabei immer häufiger im Fokus: Feedback. Ein Blick in die bestehende Literatur lohnt sich.

Feedback – laut Duden handelt es sich bei dem ursprünglich englischen Begriff um eine Reaktion, die jemandem anzeigt, dass ein bestimmtes Verhalten, eine Äußerung o. Ä. vom Kommunikationspartner verstanden wird und zu einer bestimmten Verhaltensweise oder
-änderung geführt hat.  Feedback ist allgegenwärtig und prägt unser Tun und Handeln tagtäglich. Auch im Hinblick auf die Händehygiene wird deutlich, dass sich eine Verhaltensrückmeldung an das Klinikpersonal positiv auf ebendiese auswirken kann.

Händehygiene: wichtig aber nur scheinbar einfach

Wieso das wichtig ist? Dazu gleich mehr. Zunächst ein Blick auf den Status Quo bei der Händehygiene. Hier liegt die durchschnittliche Compliance in medizinischen Einrichtungen bekanntlich bei nicht einmal 50 Prozent [1] – dabei gilt die hygienische Händedesinfektion als wichtigste Maßnahme zur nachhaltigen Vermeidung von nosokomialen Infektionen. Vor dem Hintergrund zunehmender Multiresistenzen ist sie wahrscheinlich noch wichtiger als ohnehin schon. Die große Diskrepanz zwischen theoretischem Wissen und praktischer Umsetzung ist vielschichtig. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt die zunehmende Arbeitsverdichtung in der Pflege. Gerade auf diese Personalgruppe entfallen bis zu 80 Prozent aller notwendigen Händedesinfektionen – man spricht hier von Indikationen basierend auf dem Modell der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „My five moments for hand hygiene“. [2] Neben Zeitmangel existieren aber noch weitere Faktoren, die dafür verantwortlich sind, dass das Händehygieneverhalten in Krankenhäusern bisher ein nicht zufriedenstellendes Niveau erreicht. Hierzu zählen unter anderem fehlende Kenntnisse zu den Indikationen für eine hygienische Händedesinfektion, eine unzureichende Ausstattung mit Hygienespendern – besonders am Point-of-Care – oder eine mangelnde Anzahl von Vorbildern auf Station, die das Thema Hygiene aktiv vorleben. Die beschriebene Situation beschränkt sich dabei nicht auf einzelne Länder, sondern ist ein globales Problem.

Das “Problem” Händehygiene

Aus diesem Grund sah sich die WHO auf internationaler Ebene dazu veranlasst, in ihrer im Jahr 2009 veröffentlichten Richtlinie, fundierte Händehygiene-Empfehlungen für medizinische Einrichtungen zu definieren. Kernbestandteil: die Implementierung multimodaler Strategien zur Verbesserung der Händehygiene. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass mehrere Maßnahmen parallel umgesetzt werden, da die Erfahrung gezeigt hat, dass Einzelmaßnahmen wenig erfolgreich waren – vor allem wenn es um den langfristigen Effekt geht. [3] Insgesamt umfasst der multimodale WHO-Ansatz fünf Elemente: Schulungen, Erinnerungshilfen, institutionelle Sicherheitskultur, ausreichende Verfügbarkeit von Händedesinfektionsmitteln und Feedback. Letzt genannte Komponente rückt dabei immer stärker in den Fokus der Krankenhaushygiene, da sich hier noch reichlich ungenutztes Potential verbirgt.  

Feedback verbessert Verhalten

Bereits im Jahr 1986 untersuchten Joni A. Mayer und Kollegen die Auswirkungen einer regelmäßigen Händehygiene-Rückmeldung an das Krankenhauspersonal – zu dieser Zeit war das Händewaschen in Kliniken und Krankenhäusern noch weit verbreitet. Das Feedback bezog sich im Rahmen der Studie immer konkret auf das beobachtete Verhalten des Vortages. Die Forscher stellten nach Abschluss der Untersuchung fest, dass sich die Händehygiene-Compliance von anfänglich 63% auf 92% verbesserte. Erreicht durch die regelmäßige Ergebnis-Rückmeldung.

Die WHO-Guideline für Händehygiene

Auch heute bestätigen zahlreiche Arbeiten den positiven Zusammenhang zwischen Feedback und einer verbesserten Händehygiene. In der Meilenstein-Studie von Prof. Didier Pittet aus dem Jahr 2000 war die Hygiene-Rückmeldung ebenso wesentlicher Bestandteil und „Compliance-Beförderer“, wie in einer  ganz aktuellen Arbeit aus dem Juli 2019 von Maura Smiddy und Kollegen. [5,6]  

Die WHO kategorisiert das Feedback als „IA“ – also in die Evidenzklasse, mit der höchsten Güte wenn man so will. Diese tauft sich übersetzt etwa wie folgt: „Wird ausdrücklich für die Umsetzung empfohlen und ist durch gut konzipierte experimentelle, klinische oder epidemiologische Studien sehr gut untersucht.“ [3]

Die Frage an dieser Stelle: Wieso implementieren wir das Feedback nicht ganz einfach flächendeckend in den medizinischen Alltag? Nun, hier ist an erster Stelle der augenscheinlich hohe Ressourcenaufwand zu nennen. Denn viele der Studien ermitteln das Händehygieneverhalten mit der direkten Beobachtung, bei der jede einzelne Händedesinfektion von einem geschulten Beobachter erfasst wird. Das Hygienepersonal greift auf dieses Messinstrument daher nur sporadisch zurück und setzt es punktuell zu bestimmten Zeiten ein – beispielsweise in Ausbruchsituationen.  

Händehygiene-Rückmeldung leicht gemacht

Wo die direkte Beobachtung an ihre Grenzen stößt, kommen technische Innovationen ins Spiel, die das Händehygieneverhalten vollautomatisch und kontinuierlich erfassen. Die Rede ist von elektronischen Händehygiene-Monitoring-Systemen. Diese bestehen zumeist aus einer Hardware, den intelligenten Desinfektionsmittelspendern, die bei jeder Händedesinfektion Entnahmemenge, Spender-ID und Zeitpunkt erfassen. In der Software – quasi das Pendant zur Hardware – stehen dem Hygienepersonal eine Hülle und Fülle an Daten für detaillierte Auswertungen zur Verfügung.

Wobei zu sagen ist, dass das Wort Auswertungen zu kurz greift. Denn die elektronischen Systeme können viel mehr als das und ermöglichen dank des „Datenreichtums“ ein gezieltes, valides Händehygiene-Feedback an das Stationspersonal, ohne dass in regelmäßigen Abständen aufwendige Beobachtungszyklen vonnöten sind.

Scheithauer-Studie: Klare Verbesserung der Händehygiene-Qualität

Diesen Vorteil hat sich zum Beispiel ein Forscherteam um Prof. Simone Scheithauer an der RWTH Uniklinik Aachen zunutze gemacht und basierend auf Spenderdaten, die über ein Monitoring-System erfasst wurden, dem Krankenhauspersonal ein wöchentliches Feedback zum Händehygieneverhalten gegeben. Die Datenermittlung mit den WLAN-Spendern und die Rückmeldung der Ergebnisse führte dazu, dass im Laufe der Studie die durchschnittliche Entnahmemenge pro Händedesinfektion von 1,69ml auf 2,66ml auf der untersuchten kardiochirurgischen Intensivstation verbessert werden konnte. [7]

Noch einen Schritt weiter ging eine Studie von Dr. Svenja Diefenbacher und Kollegen. In ihrer Arbeit wiesen die Wissenschaftler nach, dass ein kontinuierliches Händehygiene-Feedback über einen prominent platzierten Monitor in Kombination mit einer entsprechenden Zielsetzung im klinischen Setting zu einer signifikanten Steigerung der Händedesinfektionen (pro Spender und Tag) führte. Alle Daten spiegeln die Händehygiene-Performance des gesamten Stationspersonals wider, einzelne Mitarbeiter wurden nicht betrachtet. Dieser Ansatz darf quasi als komfortable Auto-Intervention verstanden werden, da sowohl keine Personen für die permanente Datenerhebung als auch für die Rückmeldung an sich abgestellt werden müssen. [8]

ingo-man® SmartNose: Feedback und Monitoring vereint

OHMS-Anwenderreportage

Es zeigt sich, dass elektronische Monitoring-Systeme zur Händehygiene einen wichtigen Mehrwert für den Patientenschutz und die Infektionsprävention bieten können. Gerade das gemeinsam an einem Hygiene-Ziel gearbeitet wird, stärkt zusätzlich das Gemeinschaftsgefühl und hält die Händehygiene „im Gespräch“. Die oben angerissenen Studien wurden jeweils mit dem OPHARDT Hygiene Monitoring System® (OHMS) aus den OPHARDT intelligent Solutions (OiS) realisiert.

Die etablierte Hygiene-Komplettlösung bietet alle Voraussetzung für die ressourcenschonende Art des Feedbacks und wird nun durch eine Innovation ergänzt: der ingo-man® SmartNose. Die intelligente Nachrüsteinheit ist mit dem Spendersystem ingo-man® plus kompatibel und macht dieses in wenigen Sekunden Monitoring-fähig. Dazu wird lediglich die Auslaufblende ausgetauscht. Wer sich keine komplett neue Spender-„Hardware“ anschaffen möchte, ist mit der ingo-man® SmartNose genau auf dem richtigen Weg. Die Innovation ist dabei nicht nur in der Lage, die Nutzungsfrequenz rund um die Uhr zu messen, sondern hält noch ein weiteres Highlight bereit. Eine in der Auslaufblende integrierte grüne Feedback-LED zeigt dem Nutzer an, ob eine ausreichende Menge an Händedesinfektionsmittel je Hygieneereignis entnommen wurde.

„Das Händehygiene-Feedback im klinischen Alltag kommt aus meiner Sicht immer noch viel zu kurz. Dabei können uns gerade elektronische Systeme hier viel Arbeit abnehmen und das Hygieneverhalten an das Personal mit wenig Aufwand und vor allen Dingen zeitnah zurückmelden.“

Dr. med. Andreas Glöckner, Medical Director

Die WHO und auch die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut (KRINKO) empfehlen für eine qualitativ gute hygienische Händedesinfektion mindestens 3 Milliliter an Desinfektionsmittel. Die als Tropfenform gestaltete LED auf der ingo-man® SmartNose nutzt diese Marke als Grenzwert.

Monitoring hat die Nase vorn

Schlussendlich zeigt sich, dass wir in Bezug auf Feedback und Händehygiene viel Potential noch gar nicht erschlossen haben. Elektronische Systeme können den medizinischen Einrichtungen hier den Großteil der Arbeit abnehmen und ressourcenschonend das Händehygieneverhalten zurückmelden.

„Interventionen zur Verbesserung der Compliance der Händehygiene, insbesondere regelmäßige Evaluation und Feedback, sind unverzichtbare Maßnahme des Qualitätsmanagements und als solche in jeder Einrichtung zu implementieren.“

KRINKO Empfehlung zur Händehygiene (2016)

Die KRINKO stellt in ihrer aktuellsten Empfehlung die technischen Lösungen im Vergleich zu den klassischen Instrumenten – der direkten Beobachtung und der Bestellmengenerfassung – klar als Gewinner hervor, wenn es um die Frequenz des Feedbacks geht. Und auch in ihrer abschließenden Empfehlungs-Übersicht unterstreicht die Kommission die besondere Bedeutung der Händehygiene-Rückmeldung.

Neben dem Feedback-Aspekt haben auch weitere Ansätze, die auf psychologischer Ebene “funktionieren”, einen positiven Einfluss auf das Händehygieneverhalten – hierzu zählt unter anderem das Nudging.

Auch der Einsatz von Smileys kann die Händehygiene-Compliance steigern.


Quellen:

[1] Erasmus V, Daha TJ, Brug H, et al. Systematic review of studies on compliance with hand hygiene guidelines in hospital care. Infect Control Hosp Epidemiol 2010;31:283–294

[2] Stahmeyer, J. T., et al. “Hand hygiene in intensive care units: a matter of time?.” Journal of Hospital Infection 95.4 (2017): 338-343.

[3] First Global Patient Safety Challenge. “WHO guidelines on hand hygiene in health care: a summary.” Geneva: World Health Organization (2009).

[4] Mayer, J. A., Dubbert, P. M., Miller, M., Burkett, P. A., & Chapman, S. W. (1986). Increasing handwashing in an intensive care unit. Infection Control & Hospital Epidemiology, 7(5), 259-262.

[5] Pittet, D., Hugonnet, S., Harbarth, S., Mourouga, P., Sauvan, V., Touveneau, S., & Perneger, T. V. (2000). Effectiveness of a hospital-wide programme to improve compliance with hand hygiene. The Lancet, 356(9238), 1307-1312.

[6] Smiddy, M. P., Murphy, O. M., Savage, E., Fitzgerald, A. P., O’Sullivan, B., Murphy, C., … & Browne, J. P. (2019). Efficacy of observational hand hygiene audit with targeted feedback on doctors’ hand hygiene compliance: A retrospective time series analysis. Journal of Infection Prevention, 1757177419833165.

[7] Scheithauer S, et al. Do WiFi-based hand hygiene dispenser systems increase hand hygiene Compliance? American Journal of Infection Control (2018)

[8] Diefenbacher, S., Fliss, P. M., Tatzel, J., Wenk, J., & Keller, J. (2019). A quasi-randomized controlled before–after study using performance feedback and goal setting as elements of hand hygiene promotion. Journal of Hospital Infection, 101(4), 399-407.

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