Ein umfassender Review von irischen Forschern nimmt die aktuelle Händehygiene-Situation in Krankenhäusern, Kliniken und Co. genauer unter die Lupe.
Wenn wir über Händehygiene sprechen, konzentrieren wir uns häufig darauf, wie kleine Änderungen eine große Wirkung haben können. Zum Beispiel geht es darum, ob wir bei der hygienischen Händedesinfektion drei Schritte oder sechs Schritte durchführen sollten? Während dieser Detail-Blick wichtig ist, kann uns ein Blick auf das große Ganze wichtige Erkenntnisse geben. Dies haben sich Wissenschaftler zur Aufgabe gemacht und ihre Forschungsergebnisse in der neuesten Ausgabe des Journal of Hospital Infection publiziert. In der umfassenden Arbeit haben die Autoren insgesamt 57 Studien zur Händehygiene im Gesundheitswesen beleuchtet, die zwischen 2014 und 2020 veröffentlicht wurden.
Händehygiene-Interventionen wirken
Vorweg: Ein Großteil dieser Studien hat konkret die sogenannte Händehygiene-Compliance gemessen. Die durchschnittliche Compliance-Rate über alle Studien hinweg lag bei 41 %. Diese Ergebnisse decken sich weitestgehend mit den bekannten Daten von Erasmus und Kollegen aus dem Jahr 2011 mit Compliance-Werte von 40 %. [1] Von diesen Studien untersuchten viele die Wirksamkeit von Interventionen. Die gute Nachricht ist: Die Händehygiene-Compliance stieg dadurch im Durchschnitt auf 67 %. Der positive Effekt wurde sowohl durch Einzelinterventionen als auch durch ein Maßnahmen-„Bündel“ erzielt. Die Studienautoren kommen zu dem Ergebnis, dass beide Ansätze zu einem “geringen bis moderaten Anstieg der Händehygiene-Compliance in einer Vielzahl von Gesundheitseinrichtungen” führen können.
Folgende Auflistung führt typische Interventionen auf:
- Hygieneschulungen
- Verbesserung der Hygieneinfrastruktur
- Erinnerungshilfen im Alltag für das Krankenhauspersonal
- Feedback zum Händehygieneverhalten
- Gruppenbasierte Ansätze
- Unterstützung von der Krankenhausleitung
Studien, die sich auf den multidimensionalen Ansatz des International Nosocomial Infection Control Consortium (INICC) fokussierten, wiesen die größten Steigerungen der Händehygiene-Compliance auf. Mit einem durchschnittlichen Anstieg von 35 % übertraf dieser Ansatz die von der WHO und UNICEF erstellten Konzepte, die eine Verbesserung der Compliance um 18 % bzw. 26 % aufwiesen.
Das erfolgreiche INICC-Modell beinhaltete in den Studien ein breites Spektrum an Hygiene-Interventionen. Konkret handelte es sich um folgende Maßnahmen:
- Beteiligung der Verwaltung an Besprechungen zur Infektionsprävention
- Bessere Verfügbarkeit von Händedesinfektionsmittelspendern
- Erinnerungsplakate im Krankenhaus
- Schulungen für das Personal und monatliches Feedback zur Händehygiene-Leistung
Tragbare Badges zur Händehygiene-Erfassung können problematisch sein
Während in vielen Studien elektronische Monitoring-Systeme zur Erfassung der Händehygiene eingesetzt werden, ist besonders die Art und Weise dieses Monitorings für das medizinische Personal von Bedeutung. Teilnehmer an klinischen Studien, die über tragbare Transponder – sogenannte Badges – getrackt wurden, berichteten von “negativen Einstellungen und Misstrauen gegenüber der Genauigkeit der gesammelten Daten.”
In einigen Studien führte dieses Misstrauen sogar dazu, dass sich das Krankenhauspersonal formell aus den Studien zurückgezogen hat oder die Tracking-Armbänder nicht weiter trug. Diese Ergebnisse wurden in einer kürzlich publizierten Arbeit aufgegriffen, die feststellte, dass Pfleger*innen und Ärzte*innen sehr empfänglich für gruppenbasierte Monitoring-Systeme und Rückmeldungen sind, aber eine individuelle Messung strikt ablehnen.
Forschung zur Händehygiene zeigt globale Ungleichheiten auf
Die Mehrzahl der berücksichtigen Studien in dem Review stammte aus Europa und Nordamerika. Die beiden Kontinente machen allerdings nur 15 % der Weltbevölkerung aus. Bedeutet: Asien, Afrika und Südamerika sind in den wissenschaftlichen Studien zur Händehygiene unterrepräsentiert. Dies stellt insofern ein Problem dar, dass die Erkenntnisse zur Händehygiene, die aus wohlhabenderen Ländern stammen, möglicherweise nicht universell anzuwenden sind.
Dazu halten die irischen Forscher um Conor Clancy und Co. fest: “Zusammengenommen stammen die meisten Daten aus wohlhabenderen Ländern. Vor dem Hintergrund, dass die Raten von nosokomialen Infektionen in Entwicklungsländern höher sind, stellt dieser geografische Fokus eindeutig eine Einschränkung dar. Schlussfolgerungen für Entwicklungsregionen können so nur schwierig getroffen werden.”
Händehygiene-Studien: Wo besteht noch Bedarf?
Es besteht vor allem Bedarf an mehr vollständigen klinischen Studien, die entweder in Regionen außerhalb der westlichen Welt durchgeführt werden, oder deren Ergebnisse für ein globales Publikum ins Englische übersetzt werden. Darüber hinaus identifizierte der Review weiteren Forschungsbedarf. Dazu zählt in erster Linie, sich neben Kliniken auf andere Gesundheitseinrichtungen zu konzentrieren. Auch die Entwicklung von Standards für die elektronische Datenerfassung hat “Luft nach oben” und sollte ausgebaut werden.
Die meisten Studien wurden in Krankenhäusern durchgeführt, wodurch sich ein Mangel an Daten über Rehakliniken, Altenheimen oder Pflegeheimen ergibt. Da in diesen Einrichtungen die Infektionsprävention jedoch eine genauso wichtige Rolle spielt, wird zukünftig hoffentlich mehr Forschung zum Händehygieneverhalten in diesen Bereichen stattfinden.
Es ist außerdem mehr Forschung notwendig, die elektronische Messinstrumente und intelligente Technologie verwendet und analysiert. Die Wissenschaftler merkten dazu an, dass in der Übersichtsarbeit nur eine der Studien berücksichtigt wurde, die eine elektronische Datenerfassung auf Basis der WHO-Richtlinien nutzte und resümierten, „dass es für zukünftige Forschungen hilfreich wäre, wenn die internationalen Richtlinien zur Händehygiene Informationen zur elektronischen Erfassung enthalten würden.“
Schließlich müssen weiterhin die Gründe für die höhere Händehygiene-Compliance von Krankenschwestern und -pflegern im Vergleich zu anderen Berufsgruppen untersucht werden. Diese Faktoren können dazu beitragen, das Hygieneverhalten in den Gesundheitseinrichtungen zu verbessern.
Der Review zeigt, dass Hygienefachkräfte durch gezielte Interventionen die Händehygiene-Compliance erhöhen können.
Studie:
[1] Erasmus, Vicki, et al. “Systematic review of studies on compliance with hand hygiene guidelines in hospital care.” Infection control and hospital epidemiology 31.3 (2010): 283.
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